Über Verschwörungstheorien, Propaganda-Filme und Polit-Theater. Über Führungskrisen, Neurosenheim und den Tod der Demokratie.
Der Schein trügt
In der Münchner U-Bahn prügeln zwei ausländische Jugendliche einen Rentner nieder. Wie denken Sie darüber?
Seit Anfang 2008 gilt Rauchverbot in Gaststätten. Wie denken Sie darüber?
Unter dem Vorwand, uns vor terroristischen Anschlägen und Kriminalität schützen zu wollen, unternimmt der Innenminister alles, um unsere Freiheit einzuschränken. Wie denken Sie darüber?
Bevor Sie irgendetwas denken, empfehle ich Ihnen, ein paar ganz alltägliche und gebräuchliche Methoden politischer Propaganda kennen zu lernen. Eine der beliebtesten Methoden kennen Sie noch aus Ihrer Kindheit. Sie geht so:
Sie treten Ihrer kleinen Schwester in den Hintern, und wenn sie sich wutentbrannt umwendet, zeigen Sie auf Ihren Bruder und sagen: „Der war’s!“
Man kennt diese Spielchen der kleinen Unschuldsengel zur Genüge. Immer gibt’s Ärger, aber keiner will’s gewesen sein. Es ist eine Art Theater, das hier stattfindet. Und die Kleinen sind gute Schauspieler. Doch noch bessere Schauspieler sind ihre großen Kollegen aus der Politik. Deren Bühne sind die Massenmedien.
Damit Sie nachvollziehen können, was dies bedeutet, möchte ich Sie bitten, sich an einen Film zu erinnern, den Sie als besonders spannend empfanden und in dem Gut gegen Böse kämpfte. Wie nahe ging Ihnen dieser Film? Haben Sie sich stark in das Geschehen hineinziehen lassen? Haben Sie sich emotional mit dem Helden verbündet oder identifiziert? Haben Sie den Bösewicht gehasst und hätten ihn am liebsten mit einem Schlag ausgelöscht? Dann haben Sie am eigenen Leib erfahren, welche Gefühle man in einem Menschen wecken kann, wenn man ihm nur den richtigen Film zeigt. Oder – wie in unserem Beispiel – das richtige Theaterstück.
1. Stück: Der Ölprinz
1. Akt
Die Zuschauer (= Volk) sitzen auf ihren Plätzen und sehen gebannt zur Bühne (= Massenmedien). Eine Spaßgesellschaft zieht von links auf und tanzt ausgelassen und fröhlich. Man sieht Schauspieler (= Politiker, Funktionäre, etc.), Kulissen (= die bunte Scheinwelt der Medien), Komparsen (= Moderatoren, Showmaster, Serienstars, Promis, Publikumslieblinge, etc.), Beleuchtung (= das, was man in den Medien am meisten beleuchtet, damit man Gewünschtes ins beste Licht und Unerwünschtes ins Zwielicht setzen kann), etc.
Doch das Wichtigste von allem sieht man nicht. Die Kulissenschieber, die Maskenbildner, die Souffleuse und – den Regisseur mit seinen Regieassistenten, den Stückeschreiber und den Intendanten. Sie sind deshalb so wichtig, weil sie einen Zweck verfolgen mit ihrem Stück. Schließlich haben sie viel investiert dafür und möchten jetzt noch mehr herausholen.
2. Akt
Ein gut angesehener und mächtiger Mann namens Buffalo Bill betritt die Bühne. Er ist wütend. Wütend auf den Ölprinzen, der ihm etwas Schlimmes angetan hat. Das sagt zumindest Buffalo Bill. Deshalb will er den Ölprinzen verhauen. Das wäre eigentlich kein Problem, wenn es da nicht ein paar große Hindernisse gäbe. Die Haudegen der Eurogang und eine reizende Dame namens Demokratie. Fräulein Demokratie hasst Gewalt und Lynchjustiz erstrecht, und die Haudegen der Eurogang sind ihr mehr oder weniger hörig.
3. Akt
Die Eurogang wohnt mit ihren Familien in einem kleinen Dorf namens Eurosenheim. Auf dem Dorfplatz gibt es eine große Laube, die über und über mit roten Rosen überwuchert ist. Diese Rosenlaube ist nicht nur der Austragungsort des jährlichen Rosenfestes, sie ist auch ein magischer Anziehungspunkt für alle Bewohner von Eurosenheim. Kurz – sie ist der ganze Stolz der Eurogang. Doch eines Tages, als die Dorfbewohner wieder einmal ihre schöne Rosenlaube aufsuchen wollen, bietet sich ihnen ein Bild des Grauens. Alle Rosen sind rostbraun und verdorrt und auf den Wänden der Laube leuchtet in blutroter Schrift: „Tod der Eurogang! Lang lebe der Ölprinz!“ Außerdem findet man in der Rosenlaube einen Krummdolch, ein schwarzes Barthaar und den Stofffetzen eines Turbans, die der Täter offensichtlich verloren hat. Die Dorfbewohner sind außer sich vor Hass und Zorn. Aus dem friedlichen Eurosenheim wurde Neurosenheim. Und was meint Buffalo Bill dazu? „Ich hab es Euch ja schon immer gesagt: Der Ölprinz muss weg!“
4. Akt
Obwohl Fräulein Demokratie zur Mäßigung mahnt, gibt es für Buffalo Bill und die Mitglieder der Eurogang kein Halten mehr. Sie bewaffnen sich, fallen gemeinsam über den Ölprinzen her und machen ihm den Garaus. Und was tun die Zuschauer (= Volk)? Sie können sich kaum auf ihren Sitzen halten und würden am liebsten selbst Hand anlegen. Und schließlich tun sie es auch, springen auf die Bühne und mischen kräftig mit.
Die Vorstellung ist zu Ende. Die Zuschauer sind noch immer wütend auf den Ölprinzen. Doch als sie nach Hause kommen, erleben sie eine böse Überraschung: Sie hatten nämlich nicht nur für das Theater teuer bezahlt, auch ihre Wohnungen wurden von den Theaterangestellten während der Vorstellung ausgeraubt. Und am nächsten Morgen lesen sie in der Zeitung die wahre Geschichte vom Ölprinzen.
“Der Ölprinz wurde nur gelyncht, weil Buffalo Bill pleite war. Und damit die Eurogang ihn bei seinem Raubzug unterstützt, schändete er die Rosenlaube der Eurogang und schob die Tat dem Ölprinzen in die Schuhe.“
Und was lernen wir daraus?
Im Theater der Politik ist es besser, öfter mal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen statt immer nur dem zu trauen, was auf der Bühne zu sehen und zu hören ist.
Zu diesem Zweck versuchen Sie einfach folgende Fragen zu beantworten:
Wer hat einen Nutzen von dem, was da gerade passiert?
Und:
Wer hat den größten Nutzen von dem, was da gerade passiert?
Die Antwort führt zwar nicht immer zum wahren Täter, aber häufiger, als wenn Sie einfach nur dem vordergründigen Schein trauen würden.
2. Stück: Tod der Demokratie
Dieses Theaterstück dürfen Sie selbst schreiben und auch Regie führen. Allerdings gibt es gewisse Rahmenbedingungen. Und zwar folgende:
Stellen Sie sich vor, Sie wären sehr, sehr reich und mächtig und möchten es auch weiterhin bleiben. Und weil Sie reich und mächtig sind, arbeiten die besten Wissenschaftler und Experten für Sie. Und diese sagen Ihnen: „Eine Weltwirtschaftskrise ist unausweichlich und die Verarmung großer Teile der Bevölkerung unabwendbar. Wenn Sie nicht sofort Ihre Macht und Ihr Vermögen einsetzen und die Kluft zwischen Arm und Reich schließen, werden sich die Massen der Armen gegen Sie verbünden und Sie abschlachten wie Ludwig XVI. während der Französischen Revolution.“
Was könnten Sie tun, um Ihre Macht und Ihren Reichtum zu erhalten?
Welches Theater führen Sie der Bevölkerung in den Massenmedien vor?
Grundüberlegung 1:
Die Massen werden versuchen, sich gegen Sie zu verbünden, um Sie zu entmachten und zu enteignen.
Strategie 1:
Um zu verhindern, dass sich die Massen gegen Sie verbünden und ihre Energien gemeinsam gegen Sie richten, müssen Sie die Massen in möglichst viele zerstrittene Splittergruppen spalten, die sich gegenseitig bis aufs Blut bekämpfen. Motto: Teile und herrsche! (= Säe Zwietracht und herrsche!). Außerdem müssen Sie verhindern, dass sich die Massen gegen Sie organisieren können.
Lösung 1:
Durch Gesetze und geschickt inszenierte Propaganda spalten Sie die Bevölkerung in viele sich bekämpfende Splittergruppen wie ... Christen und Moslems, Jung und Alt, Deutsche und Ausländer, Raucher und Nichtraucher, etc. Außerdem erlassen Sie Gesetze, die es dem Volk erschweren, sich gemeinsam gegen Sie zu organisieren.
Theaterszene 1:
Um die Gesellschaft zu spalten, inszenieren Sie kleinere und größere Ereignisse, die in der deutschen Bevölkerung Angst vor Moslems und Hass gegen sie schüren. Sie nutzen jegliche Kriminalität von Jugendlichen gegen Alte oder auch von Rentnern gegen Jugendliche und machen ein Medienereignis daraus. Sollten keine derartigen Delikte auftreten, dann inszenieren Sie sie selbst. Sie erlassen ein Gesetz, das die Freiheit von Rauchern einschränkt. Damit hetzen Sie Raucher und Nichtraucher gegeneinander, lenken diese von den wahren Problemen ab und verhindern, dass sie sich gemeinsam gegen Sie verbünden. Wenn sich diese beiden Bevölkerungsgruppen wider Erwarten nicht aufhetzen lassen, dann stellen Sie bezahlte Strohmänner auf, die einen Verein radikaler Nichtraucher gründen, der nur die Aufgabe hat, in den Massenmedien gegen Raucher zu hetzen. Und wenn das nicht hilft, inszenieren Sie eine Straftat, bei der ein aggressiver Nichtraucher einen Raucher im Zorn totschlägt. Sie werden sehen: das hilft!
Grundüberlegung 2:
In einem Land, in dem die Menschen seit Jahrzehnten nichts anderes kannten als Wohlstand, könnte eine Wirtschaftskrise eine Stimmung auslösen, die eine Demokratie unregierbar macht. (siehe auch SPIEGEL-Zitat weiter unten!)
Strategie 2:
Da eine Demokratie in einer Krise kaum regierbar sein wird, müssen Sie die Demokratie schrittweise abschaffen, die Freiheit des Einzelnen einschränken, die Bevölkerung streng kontrollieren und die Gefühle und Meinungen der Massen beherrschen.
Lösung 2:
Durch Gesetzesänderungen schaffen Sie die demokratischen Rechte schrittweise ab und installieren einen Spitzel- und Polizeistaat. Um die Gefühle der Massen zu beherrschen inszenieren Sie Ereignisse, die Angst, Hass und Misstrauen gegenüber politischen Gegnern auslösen und Begeisterung für Ihre eignen Ziele. Außerdem übernehmen Sie die Erziehung der Kinder. Denn Schwerter schmiedet man, solang ihr Metall noch weich ist.
Theaterszene 2:
Um die Bevölkerung während einer Weltwirtschaftskrise unter Kontrolle zu halten, machen Sie Ihr glaubhaft, dass zu ihrer Sicherheit aufgrund von befürchteten terroristischen Anschlägen eine Totalüberwachung (Telefon, E-Mails, Video) notwenig ist. Sie schaffen bei alten Leuten Angst vor prügelnden kraftstrotzenden Jungendlichen und stecken diese in Erziehungscamps, in denen sie derart umerzogen werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einen großen Nutzen für Sie haben werden (z.B. als Kanonenfutter, als Folterknecht, als Ordnungshüter in einem totalitären Staat, etc.). So schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn aus Angst werden die Rentner für die öffentliche Totalüberwachung stimmen, Ihre geänderten Jugendstrafgesetze befürworten und Ihre Strohmänner wählen. Sie zeigen auf der Bühne der Massenmedien Eltern, die mit ihren Kindern restlos überfordert sind. Als Lösung bieten Sie Ihnen Erziehungscamps, in denen sie den Kindern auch eine politische Bildung in Ihrem Interesse angedeihen lassen. Sie schlagen für das Amt des höchsten Bundesrichters einen Juristen vor, der Folter als mögliche Option befürwortet. Wer in einem angeblich demokratischen Staat Angst vor Folter haben muss, macht keinen Muckser mehr.
Grundüberlegung 3:
Eine Wirtschaftskrise übersteht man leichter, wenn man alles dezimiert, was Geld kostet, aber keinen Gewinn bringt wie z.B. Rentner, Kranke, Arbeitslose, Behinderte, etc.
Strategie 3:
Um Kosten einzusparen, müssen Sie überlegen, was Sie mit Rentnern, Kranken, Arbeitslosen, Behinderten, etc. anstellen werden.
Lösung 3:
Mögliche Lösungen zu Punkt 3 überlasse ich Ihrer Fantasie und verweise auf die Jahre zwischen 1933 und 1945. Kleiner Hinweis: bis vor wenigen Jahren war aktive Sterbehilfe ein Tabu. Heute taucht sie vergleichsweise häufig in den Medien auf und wird, im Gegensatz zu früher, relativ positiv dargestellt.
Theaterszene 3:
Zu viele Arbeitslose? Kein Problem – mit Arbeitslagern haben wir ja Erfahrungen. Zu viele Kranke, Rentner und Behinderte? Kein Problem – der Menschenhandel blüht und es gibt Wissenschaftler, die zahlen für menschliche Versuchskarnickel jeden Preis. Auch mit Menschenversuchen haben wir schon unsere Erfahrungen gesammelt. Die finden dann allerdings, dank der Globalisierung, nicht hier bei uns statt. Schließlich gibt es ja Flugzeuge und Staaten, in denen ein Menschenleben nichts wert ist.
Sie halten das alles für „Verschwörungstheorie“? Dann lassen Sie sich gesagt sein, dass die beschriebenen Methoden gebräuchliche Werkzeuge sind aus dem Intrigen- und Propaganda-Arsenal der Politik. Zu diesen Werkzeugen zählt auch das Lächerlichmachen des Gegners (siehe Wahlkampf). Zum Beispiel indem man seinen gesammelten Behauptungen einen Namen gibt, der ihn als „harmlosen Spinner“ erscheinen lässt. „Verschwörungstheorie“ ist so ein Name. Er wurde bewusst gewählt und verbreitet, um jeden Hinweis auf politische Propaganda und Intrige als Fantasieprodukt erscheinen zu lassen. Denn was als „Theorie“ bezeichnet wird, ist gewöhnlich das Gegenteil von „Praxis“.
Sie glauben mir nicht? Dann denken einfach mal über folgendes nach:
Vor allem in Demokratien kann man Macht nur ausüben, wenn man die Meinungen der Massen beeinflusst. Und um diese Meinungen der Massen zu beeinflussen, ist den Mächtigen jedes Mittel recht. Deshalb ist es gerade heute besonders wichtig, zu fragen: Wer hat einen Nutzen von dem, was gerade passiert?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn sich Christen und Moslems bekämpfen?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn sich Deutsche und Ausländer bekämpfen?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn sich Jugendliche und Rentner bekämpfen?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn sich Raucher und Nichtraucher bekämpfen?
Zum Beispiel jemand, der verhindern will, dass sich die von Verarmung bedrohte Mehrheit verbündet, um gemeinsam gegen diejenigen vorzugehen, die im Überfluss leben. Jemand der nach dem Motto handelt: Teile und herrsche = Säe Zwietracht und herrsche = Wenn sich Zwei streiten, freut sich der Dritte.
Wer hat einen Nutzen davon, wenn in unserer Demokratie eine Totalüberwachung stattfindet?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn in unserer Demokratie die Folter legitimiert wird?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn die Massen Angst vor Terroristen haben?
Zum Beispiel jemand, der befürchten muss, dass während einer Weltwirtschaftskrise die Massen außer Kontrolle geraten und eine Demokratie nicht mehr regiert werden kann.
Auf die Frage, was die „größte Gefahr für die Weltwirtschaft in diesem Jahr“ sei, gaben laut SPIEGEL 05/2008 die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos folgende Antwort:
Eine „allgemeine Führungskrise“!
Liebe Leser,
wenn Sie glauben, dies alles sei völliger Quatsch, dann vergessen Sie es einfach wieder. Wenn Sie aber glauben, da ist was Wahres dran, dann senden Sie den Text weiter. Insbesondere an diejenigen, die das vordergründige Polit-Theater für bare Münze nehmen. Und tun Sie es möglichst bald. Denn wenn die immer ärmer werdenden Massen erst einmal gespalten wurden in Christen und Moslems, Deutsche und Ausländer, Jugendliche und Rentner, Arbeitende und Arbeitslose, Raucher und Nichtraucher, etc. ... dann wird es ihre Zerstrittenheit unmöglich machen, sich gemeinsam zu verbünden gegen die immer reicher werdenden Führungseliten – den Regisseuren unseres Polit-Theaters.