01.2005
Not macht erfinderisch. Dieser Satz bestätigte sich für die Stuttgarter Werbeagentur Eyelike auf ungewöhnliche Weise.
Nachdem drei Großkunden abgesprungen waren, sah es für das Unternehmen mit seinen 20 Mitarbeitern ziemlich düster aus.
In einem Meeting, in dem der Chef der Agentur die bevorstehende Kündigung von 10 Mitarbeitern bekannt geben wollte, hatte ein Praktikant den rettenden Einfall: „Wir könnten doch in der Agentur wohnen!“ Zunächst verstand keiner, was er damit sagen wollte. Doch nachdem der Praktikant seine Idee erläutert hatte, war allen klar: Das probieren wir aus! Jetzt stehen in der ersten Etage der Agentur 20 Zelte, sowie etliche verschließbare Container, in denen die persönlichen Habseligkeiten untergebracht sind. Die Monatsgehälter der Mitarbeiter wurden um die Hälfte der Beträge gekürzt, die Sie vorher für ihre Mieten aufbringen mussten. Dies entsprach letztendlich einer Gehaltserhöhungvon 50 Prozent ihrer Mietkosten. „Jetzt hab ich 200 Euro mehr im Monat und meinen Job auch noch“, jubelt der junge Web-Designer Rico Manzuro. Und Corinna Page, eine Auszubildende, schwärmt: „Das ist ein total neues Feeling, wenn wir abends gemeinsam vor unseren Zelten sitzen und mit dem Camping-Kocher Kaffee kochen. Wir haben zwar auch eine Küche, aber so ist es doch viel schöner!“ Auch an Komfort fehlt es den neuen Großstadt-Beduinen nicht. Beim Bau des lichtdurchfluteten Glaspalastes Ende der 90er wurde an nichts gespart. So sind nicht nur etliche Sanitärräume inklusive Duschen vorhanden, sondern auch zwei Aufenthalträume und ein Meditationsraum. Darüber hinaus befindet sich hinter der Agentur ein traumhafter toskanischer Garten mit Teichen und Wasserspeiern. „Der Blick über Stuttgart bei Sonnenuntergang ist atemberaubend“, murmelt ein Kontakter ehrfürchtig. Auf die Frage, ob dieses Beispiel Schule machen werde, antwortete der Chef der Agentur, Rolf Brenner: „Natürlich. Die fetten Jahre sind endgültig vorbei. Auch das Schwabenländle müsse sich von seinem alten Image verabschieden. Künftig lautet unser Motto ‚Schaffe, schaffe, Zelte baue’.“
Ein Landsmann aus Esslingen hat die Idee des Office Housings bereits aufgegriffen und eine Wohntrommel namens Diogenes entwickelt. Sie ist etwas intimer als ein Zelt, kann völlig schalldicht verschlossen werden und bietet bequem Platz für zwei Personen. Wenn sich Diogenes auf dem Arbeitsmarkt etablieren kann, heißt es nach Feierabend bald: „Ab in die Tonne!“